Mein Klassenzimmer, meine Regeln – Grenzen setzen im Lehreralltag

Geschätzte Lesedauer: 5 Minuten

Es ist 14:55 Uhr, das Klingelzeichen ertönt: Dieser Schultag neigt sich dem Ende zu. Sie führen noch ein kurzes Gespräch mit einer Schülerin, räumen Ihr Klassenzimmer auf und verabschieden sich von Ihren Kolleginnen und Kollegen. Eine Klausur zurückgegeben, ein erfolgreiches Elterngespräch geführt und eine erfreulich aktive Stunde mit der Oberstufe erlebt – ja, Sie sind zufrieden mit diesem Arbeitstag in der Schule, eigentlich.

Denn neben Zufriedenheit macht sich noch ein anderes Gefühl bemerkbar. Nanu, da nagt auch Ärger an Ihnen. Sie lassen Ihren Schultag noch einmal Revue passieren. Warum nur haben Sie dieses Jahr schon wieder zugesagt, den Tag der offenen Tür zu organisieren, obwohl Sie doch in dieser Zeit besonders viele Korrekturen zu erledigen haben? Hätten Sie die Vertretung für Ihren Kollegen, der wieder eine Fortbildung besuchen möchte, auch ablehnen können? Es ist toll, dass Sie immer engagiert und hilfsbereit sind. Allerdings nur, solange Sie sich selbst damit wohlfühlen. Falls nicht, ist es Ihre eigene Aufgabe, Grenzen als Lehrkraft zu setzen. Das Lehrer|Schüler-Team unterstützt Sie gerne dabei.

>>> Wie möchten wir im Lehrerkollegium miteinander sprechen?

Vielleicht kennen Sie folgendes Szenario: Sie unterhalten sich in Ihrem Klassenraum mit einer Kollegin über zwei gemeinsame Schüler, welche in der Pause in einen heftigen Streit geraten sind. Ihnen beiden ist die Angelegenheit wichtig und Sie beratschlagen unter Lehrerkolleginnen, wie Sie mit der Situation umgehen. In dem Moment kommt Kollege X herein und ruft: „Hallo Karin, gut, dass ich dich hier treffe! Hast du schon die Räume für die Projektwoche reserviert?“ Und schon ist Ihr kollegiales Gespräch unterbrochen. Sie sind hin- und hergerissen. Ja, natürlich, die Projektwoche findet nächste Woche in der Mittelstufe statt. Das ist wichtig und muss erledigt werden. Aber zunächst soll doch der Streit geklärt werden. Ihre Gesprächspartnerin schaut Sie erwartungsvoll an. Sie möchte die begonnene Unterredung gerne fortsetzen.

Lehrer|Schüler - Beratung für Lehrerinnen und Lehrer | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Lehrerinnen und Lehrer | lehrerschueler.de

Nun ist es an Ihnen, die unangenehme Situation unter Lehrerkollegen zu klären. Wenn für Sie feststeht, dass Sie nicht derart rüpelhaft unterbrochen werden möchten, teilen Sie das genauso mit! Nichts Anderes versuchen Sie doch, Ihren Schülerinnen und Schülern zu vermitteln: Den Anderen ausreden lassen! Keine Gespräche unterbrechen! Wertschätzend miteinander umgehen! Setzen Sie hier also bewusst eine Grenze und sagen Sie Ihrem Kollegen höflich, aber bestimmt, dass Sie sich bereits in einem Zweiergespräch befinden und sein Anliegen gerne später in Ruhe mit ihm besprechen werden! Nutzen Sie auch das Angebot von Lehrer|Schüler und lassen Sie sich persönlich und vertraulich zu den Themen Lehrergesundheit und Work-Life-Balance für Lehrkräfte beraten, wenn Sie Schwierigkeiten bei der bewussten Grenzziehung im Lehrerkollegium haben!

>>> Wer bestimmt über meine Zeit als Lehrerin oder Lehrer?

Als Kollege X Sie gesehen hat, hat er Sie auf der Stelle angesprochen, weil er ein Anliegen hatte, das ihm wichtig war. Das ist zunächst einmal durchaus nachvollziehbar. Ähnlich verhält es sich mit Ihren Schülerinnen und Schülern. Während Ihres Unterrichts erhalten Sie jede Menge neuer Informationen, vielleicht kündigen Sie sogar die nächste Klassenarbeit an. Manch einer hat Fragen zum Unterrichtsgeschehen oder möchte Ihnen stolz berichten, dass er eine tolle App zum Vokabellernen gefunden hat. Ein Anderer möchte Ihnen in einem vertraulichen Lehrer-Schüler-Gespräch erzählen, warum er heute Morgen zu spät gekommen ist. All das ist Ihren Schülerinnen und Schülern wichtig und zeugt außerdem von Vertrauen Ihnen als Lehrkraft gegenüber. Dieses hohe Gut wollen Sie pfleglich behandeln. Genau deshalb ist es wichtig, dass Sie Ihre persönlichen und beruflichen Grenzen als Lehrerin oder Lehrer kennen und in der Schule klar kommunizieren!

Wenn Ihre Schülerinnen und Schüler Sie also nach Unterrichtsschluss mit Fragen bestürmen, derer Sie sich in der kurzen Zeit bis zur nächsten Stunde gar nicht annehmen können, teilen Sie dies deutlich mit! Sie müssen vielleicht den Raum wechseln, sind für die Pausenaufsicht eingeteilt oder brauchen einfach eine kurze Verschnaufpause. Gehen Sie also nicht halbherzig oder kurz angebunden auf die Fragen ein, sondern bieten Sie stattdessen Alternativen an! Bestimmt können Sie einen späteren Gesprächstermin vergeben, zum Beispiel nach Schulschluss. Oder Sie bieten eine wöchentliche Sprechstunde an. Denken Sie daran: Dies ist Ihr Klassenzimmer, legen Sie also die Regeln fest und kommunizieren Sie diese wertschätzend!

Falls Sie gerade Zeit haben, sich mit Ihren Schülerinnen und Schülern und deren Anliegen auseinanderzusetzen oder falls jemand ein akutes Problem hat, nehmen Sie sich selbstverständlich umgehend die Zeit! Natürlich ist es an Ihnen als Lehrkraft, entsprechende Prioritäten zu setzen. Wichtig ist, dass Sie selbst entscheiden, wie Sie Ihre Zeit als Lehrerin oder Lehrer nutzen, wann Sie als Lehrkraft für Gespräche, Wünsche und Anliegen Anderer verfügbar sind und wann explizit nicht (Akutfälle ausgenommen). Seien Sie der aktive Part, damit nicht über Sie und Ihre Zeit verfügt wird! Falls Sie sich bei der praktischen Umsetzung dieser wichtigen Aufgabe einer jeden Lehrkraft noch Unterstützung wünschen, nutzen Sie zum Beispiel die kollegiale Fallberatung für Lehrkräfte von Lehrer|Schüler!

>>> Wo verlaufen meine persönlichen Grenzen als Lehrkraft?

Lehrer|Schüler - Beratung für Lehramtsreferendare | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Lehramtsreferendare | lehrerschueler.de

Als Lehrerin oder Lehrer arbeiten Sie täglich mit jungen Menschen. Das ist bereichernd und für viele einer der Gründe, warum man sich für den Lehrerberuf entschieden hat. Sie dürfen Schülerinnen und Schüler unterrichten, unterstützen und begleiten. In diesem Gefüge aus Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern und Elternhäusern entstehen Reibungspunkte. Jede Lehrerin und jeder Lehrer sieht sich in der beruflichen Laufbahn mit Konflikten konfrontiert. Dazu gehört zum Beispiel respektloses Verhalten der Schüler untereinander oder gegenüber der Lehrkraft. Plötzlich ist sie da, die verletzende Äußerung.

Insbesondere in den ersten Berufsjahren sind Lehrkräfte oft erst einmal verblüfft und fragen sich, ob sie richtig gehört haben. Schülerinnen und Schüler überschreiten Grenzen, sie testen sie aus und begreifen sehr schnell, wo diese verlaufen. Und das ist bei jeder Lehrerin und jedem Lehrer, dem sie begegnen, ein bisschen anders. Deshalb ist es auch hier Ihre Aufgabe, Ihre eigenen Grenzen zu setzen und dafür zu sorgen, dass diese nicht verletzt werden. Vielleicht müssen Sie sich das als Lehrerin oder Lehrer auch erst einmal selbst bewusstmachen. Je klarer Sie sich selbst darüber sind, desto deutlicher können Sie Grenzen und daraus resultierende Regeln kommunizieren. Lassen Sie sich dabei nicht von Vergleichen der Schülerinnen und Schüler mit Ihren Kolleginnen und Kollegen beirren! Was für eine anderen Lehrerin an Ihrer Schule noch okay ist, mag für Sie vielleicht nicht mehr tolerierbar sein. Vertrauen Sie auf Ihre Intuition!

Folgendes fällt Lehrerinnen und Lehrern nach der Erfahrung von Lehrer|Schüler manchmal schwer und ist doch ein elementarer Teil des Lehrerdaseins: Grenzen setzen, Regeln aufstellen und darauf achten, dass diese respektiert werden. Je bewusster man sich über die persönlichen Grenzen als Lehrkraft ist und je klarer man diese kommuniziert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Gegenüber diese akzeptiert. Nur so sind sowohl eine langjährige berufliche Zufriedenheit als auch ganzheitliche Gesundheit als Lehrerin oder Lehrer im Schuldienst möglich, denn häufige Grenzüberschreitungen, die man zulässt und über die man sich hinterher ärgert, verursachen negativen Stress. Außerdem können Sie Ihren Schülerinnen und Schülern ein Vorbild sein, sodass diese schon frühzeitig lernen, sich Ihrer Grenzen bewusst zu sein und diese zu achten – bei sich selbst und ihren Mitmenschen.

>>> Passende Beratungsangebote von Lehrer|Schüler


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