Suizidgedanken im Lehramtsreferendariat – Depressionen bei Referendarinnen und Referendaren im Vorbereitungsdienst für ein Lehramt

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Heute widmen wir von Lehrer|Schüler uns einem echten Tabuthema, das im Rahmen der Lehramtsausbildung vielerorten entweder totgeschwiegen oder nicht ausreichend ernstgenommen wird, in jedem Fall aber leider höchst relevant ist: Viele Referendarinnen und Referendare eines Lehramts entwickeln während der Ausbildung zur Lehrkraft ernsthafte depressive Verstimmungen, die im Extremfall in Suizidgedanken im Lehrerberuf enden können. Die massive und alles überschattende Krankheit der Depression ist heutzutage in der Mitte der Gesellschaft angekommen und unter angehenden Lehrerinnen und Lehrern eine der dramatischsten Begleiterscheinungen des Referendariats und des späteren Alltags als Lehrkraft. Wir gehen diesem Phänomen heute vor dem Hintergrund unserer Beratungserfahrungen auf den Grund.

>>> Die Tücken der Depression: Eine unterschätzte Volkskrankheit

Eine Depression ist weit mehr als „nur schlechte Laune haben“ oder „einmal schlecht drauf sein“; wer schon einmal einen depressiven Schub hatte, der weiß nur zu gut, dass die Gefühle der kräftezehrenden Antriebslosigkeit, der vermeintlichen Sinnlosigkeit des eigenen Tuns und der gefühlten Ausweglosigkeit aus der eigenen Lage so überwältigend sein können, dass sich diese Krankheit wie ein Schleier auf das komplette Lebensgefühl legt. Sie ist besonders hinterhältig, weil die seelischen Tiefs, die sie mit sich bringt, unberechenbar und heimtückisch sind – sie kommen und gehen wie sie wollen und niemand kann mit Gewissheit sagen, wie lange eine Depression dauert und ob sie nicht im Laufe des Lebens wiederkehrt – was sie häufig tut, wenn sie erst einmal ausgebrochen ist.

Lehrer|Schüler - Beratung für Lehrerinnen und Lehrer | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Lehrerinnen und Lehrer | lehrerschueler.de

Außenstehende können nach der Erfahrung von Lehrer|Schüler aus unzähligen Beratungsgesprächen mit Referendarinnen, Referendaren und fertig ausgebildeten Lehrkräften das massive Leiden Betroffener oftmals nicht erkennen, da diese sich nicht selten hinter einer Maske der zur Schau getragenen Fröhlichkeit und demonstrativen Unbeschwertheit verschanzen – meist nicht bewusst, sondern intuitiv aus Selbstschutz und als Gegenpol zur übermächtigen seelischen Einsamkeit, die sie überfällt, wenn sie allein sind oder es dunkel wird. Selbst Personen, die Depressiven nahestehen, ahnen oft nicht, wie es in diesen wirklich aussieht. Man kann von einer Art „Doppelleben“ sprechen, das viele Depressive führen, zumal sich diese oft selbst nicht eingestehen können, massiv psychisch erkrankt zu sein.

Einerseits erkennen viele Menschen also oft nicht, wenn jemand depressiv ist; andererseits sind sie, wenn sie es dann doch realisiert haben, oft hilflos und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Dies ist insbesondere dann oft der Fall, wenn die Betroffenen aus der Außensicht anderer Menschen doch anscheinend allen Grund hätten, sich des Lebens zu freuen, weil sie z.B. in einer scheinbar erfüllten Partnerschaft leben, ein Haus und Kinder haben, in einem gut bezahlten Job arbeiten und in materiellem Wohlstand wohnen. Somit wird eine ernsthafte Depression gerne einmal als „Jammern auf hohem Niveau“ abgetan – was die missliche Lage Depressiver, die dringend auf Gespräche mit anderen Menschen über ihre Situation angewiesen wären, weiter verschärft.

>>> Wieso rutschen viele Lehramtsreferendarinnen und Lehramtsreferendare in eine Depression?

Der Lebensabschnitt des Referendariats für ein Lehramt ist nach Ansicht von Lehrer|Schüler der „perfekte“ Nährboden für Depressionen unter Lehrkräften in Ausbildung. Es ist eine sehr anstrengende Zeit, in der Vieles zusammenkommt, das einzeln für sich genommen schon das Potenzial hätte, eine Depression heraufzubeschwören: Während des Referendariats klagen viele Pädagoginnen und Pädagogen über die massive Arbeitsbelastung und eine insgesamt starke Überlastung – mit Planungen und Korrekturen durchgemachte Nächte sind im Vorbereitungsdienst eher die Regel als die Ausnahme, woraus Schlafmangel und ein strapaziertes Nervenkostüm resultieren können. Hinzu kommt die je nach Seminar und Seminarlehrkraft zwar unterschiedlich ausgeprägte, in der Regel jedoch überbordende Erwartungshaltung der Ausbilderinnen und Ausbilder – anstatt die innere Anspannung der Auszubildenden sanft auszubalancieren, steigern sie diese oft noch massiv unter dem Deckmantel, dass das Referendariat eine Zeit der Auslese und als physische und psychische Belastungsprobe angelegt sei. Dazu kommt noch eine massive soziale Isolation, die viele Referendarinnen und Referendare beschreiben – Familie und Freunde können oft nicht verstehen, warum sich Lehrkräfte in Ausbildung scheinbar unangekündigt zurückziehen und nehmen dies häufig persönlich. Nicht wenige Freundschaften, Beziehungen und Ehen zerbrechen, während einer der Partner sein Referendariat für ein Lehramt absolviert. All diese Phänomene fordern von Lehramtsreferendarinnen und Lehramtsreferendaren ein extremes Maß an Resilienz – eine Fähigkeit, die diese im Lehrerberuf jedoch erst aufzubauen lernen müssen.

Lehrer|Schüler - Beratung für Schulleitungen | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Schulleitungen | lehrerschueler.de

Hier setzt unsere Kritik an: Die eben geschilderten Umstände sind allen Beteiligten bekannt – also auch denjenigen, die das Referendariat anbieten und als zwingende berufliche Qualifikation einfordern. Der Vorbereitungsdienst wird offiziell gar als „zweiter Teil der Lehrerausbildung“ bezeichnet, was verdeutlicht, dass man ohne es absolviert zu haben in den Augen der Kultusministerien kein vollwertiger Lehrer bzw. keine vollwertige Lehrerin ist. Es fehlt dennoch an flächendeckenden und niedrigschwelligen Unterstützungsangeboten für Referendarinnen und Referendare, professionellen Angeboten zur kollegialen Fallberatung während und nach dem Referendariat und kompetenten Ansprechpartnern, wenn man als Referendarin oder Referendar an seine psychischen Grenzen kommt und vielleicht sogar Suizidgedanken hegt.

>>> Wie können Familie und Freunde Referendarinnen und Referendare im Vorbereitungsdienst für ein Lehramt unterstützen?

Lehrer|Schüler - Beratung für Lehramtsreferendare | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Lehramtsreferendare | lehrerschueler.de

Nur die wenigsten Lehramtsreferendarinnen und Lehramtsreferendare überstehen diese schwierige Ausbildungszeit ohne externe Hilfe und Verständnis durch nahestehende Personen – das ist zwar möglich, aber nicht ratsam und in jedem Fall für alle Beteiligten eine große Belastungsprobe. Bereits vor Antritt des Vorbereitungsdienstes sollten künftige Lehrkräfte in Ausbildung daher das persönliche Gespräch mit allen Menschen suchen, die ihnen wichtig sind. Sie sollten darauf hinweisen, dass die Zeit des Referendariats so gestaltet ist, dass sie die künftigen Lehrerinnen und Lehrer bewusst an ihre Grenzen führt und sie psychisch und physisch extrem fordert. Sie sollten aktiv um Hilfe und Unterstützung bitten – durch eine motivierende Ansprache in schwierigen Zeiten, durch gemeinsame Unternehmungen in Phasen, in denen gerade keine Leistungserhebungen im Referendariat anstehen sowie durch ein grundlegendes Verständnis dafür, dass Referendarinnen und Referendare sich in der Ausbildungszeit ganz anders zeigen können als bisher gewohnt – dünnhäutiger, fahriger, gehetzter, unaufmerksamer, ich-zentrierter und leichter zu kränkend (um die häufigsten Selbstbeschreibungen der Kundinnen und Kunden zu nennen, die wir bei Lehrer|Schüler während des Referendariats für ein Lehramt begleiten).

Wenn Referendarinnen und Referendare bereits depressive Tendenzen aufweisen, ist dies ein ernstzunehmendes Warnzeichen, auf das Nahestehende von Beginn an bewusst achten sollten. Wenig hilfreich sind dann wohlgemeinte Ratschläge wie „Schalte mal einen Gang runter!“, „Du solltest dringend mehr Sport machen!“ oder „Gönn dir doch mal eine kleine Auszeit am Wochenende!“ Es gibt kaum etwas, das man sich während des Referendariats so sehr wünscht wie all das und das im Vorbereitungsdienst gleichzeitig so schwer umzusetzen ist. Sinnvoller sind da schon praktische Hilfestellungen: Kochen Sie als Überraschung das Leibgericht der Referendarin bzw. des Referendars, gehen Sie für sie oder ihn einkaufen, schrauben Sie die eigenen Ansprüche an die gemeinsam verbrachte Zeit vorübergehend zurück, üben Sie keinen Druck aus und zeigen Sie sich geduldig, auch wenn es schwerfällt! Nach Ende der Ausbildung wird die Junglehrerin bzw. der Junglehrer Ihnen überaus dankbar sein und sich sicher für Ihre Opfer revanchieren!

>>> Professionelle Unterstützung und Begleitung bei Depressionen und Suizidgedanken während des Referendariats für eine Lehramt

Die wahrscheinlich sinnvollste Maßnahme, wenn Sie als Lehramtsreferendarin oder Lehramtsreferendar eine massive Überforderung und Anzeichen einer Depression bei sich feststellen, ist eine Kombination aus psychologischer und fachlicher Beratung, wie Lehrer|Schüler sie anbietet. Es kann auch sinnvoll sein, sich kompetente medizinische Hilfe bei einem ausgebildeten Psychologen oder Arzt zu holen. In jedem Fall sollte man unserer Erfahrung nach aktiv etwas unternehmen, um die Negativspirale an Gedanken und Gefühlen zu durchbrechen – „aussitzen“ bringt nichts und ist im Gegenteil gefährlich, da es die Symptome und die Krankheit an sich noch verschlimmert, da ja die Grundbedingungen, die zu der depressiven Verstimmung geführt haben, sich während des Referendariats nicht verbessern, sondern meist noch verschlechtern und auf gar keinen Fall gänzlich verschwinden.

Wenn Sie uns eine (unverbindliche) Anfrage schreiben, teilen wir Ihnen einen einschlägig qualifizierten Coach zu, der gemeinsam mit Ihnen ein zu Ihnen passendes individuelles Programm ausarbeitet und Sie bei der Umsetzung begleitet. Sie erhalten praktische Unterstützung während des Referendariats in fachlichen und methodisch-didaktischen Belangen von ausgewiesenen Profis mit jahrzehntelanger Erfahrung im Schuldienst, in der Schulleitung und in der Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren für ein Lehramt.

>>> Passende Beratungsangebote von Lehrer|Schüler


Kontaktieren Sie uns jederzeit gerne!


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