Sie sind der Graus vieler Lehrkräfte, von anderen Erziehungsberechtigten werden sie „geschnitten“ oder belächelt und sie selbst empfinden sich als ganz normal besorgte Mütter und Väter: „Helikoptereltern“ Hinter diesem Ausdruck verbirgt sich ein Erziehungsverhalten, das sich in den letzten Jahren immer häufiger an den Schulen zeigt: Eltern, die die volle Kontrolle über das Leben ihrer Kinder haben, sie vor allem potenziell Bösen beschützen und ihnem Nachwuchs keine Freiheit und keinen Raum zur persönlichen Weiterentwicklung lassen. Selbstverständlich macht eine solche Einstellung sich und den Kindern gegenüber auch vor der Schule nicht Halt – wo das Selbstverständnis von „Helikoptereltern“, die beharrlich um ihr Kind „herumschwirren“, auf die Autorität der Lehrkräfte trifft. Lehrer|Schüler weiß: Da sind Konflike vorprogrammiert. In diesem Artikel wollen wir Ihnen als Lehrerin oder Lehrer Hilfestellung geben, falls Sie es an Ihrer Schule mit übergriffigen Erziehungsberechtigten zu tun haben.
Inhaltsverzeichnis
>>> Wodurch zeichnen sich „Helikoptereltern“ in der Schule aus?
Es ist schwer, den geflügelten Begriff der „Helikoptereltern“ trennscharf zu umreißen. Allenfalls kann man einige Verhaltensweisen schildern, die bei übergriffigen Eltern wie diesen auffällig häufig vorkommen. In unseren Beratungsgesprächen für Referendarinnen und Referendare eines Lehramts sowie Lehrkräfte im aktiven Schuldienst werden uns von Lehrer|Schüler immer wieder aktuelle Beispiele geschildert, wie „Helikoptereltern“ in der Schule auftreten. Bitte bedenken Sie, dass einzelne dieser Verhaltensweisen temporär auch bei Eltern, die ihre Rolle als Erzieher sinnvoll interpretieren, vorkommen können. Erst die Häufung und Penetranz des Auftretens solcher Beispiele lässt den Schluss zu, dass konkrete Erziehungsberechtigte den Bogen möglicherweise überspannen. Es könnte sich um „Helikoptereltern“ handeln, wenn….
… das Kind morgens grundsätzlich mit dem Auto quasi bis an die Klassenzimmertüre gebracht und von dort wieder abgeholt wird, obwohl die Lage der Schule es eigentlich erlauben würde, dass das Kind den Schulweg auf eigene Faust bestreitet.
… ein übermäßig enger Kontakt zu den Lehrkräften gesucht wird. „Helikoptereltern“ erwarten beispielsweise regelmäßige Berichterstattung über das Wohlergehen ihres Kindes in der Schule, rufen auch gerne einmal im Sekretariat an, um sich danach zu erkundigen oder nutzen jede Möglichkeit zu einem längeren Lehrer-Eltern-Gespräch, das dann gerne einmal als Eltern-Monolog abgehalten wird. „Wir“ oder „Unsere Tochter / Unser Sohn“ sind dabei die Worte, die am häufigsten fallen. Auf die professionelle Meinung der Lehrkraft wird nur am Rande Wert gelegt.
… Eltern die kleinste Kritik an ihrem Kind als Kritik an der eigenen Person missverstehen. Sie differenzieren häufig nicht zwischen sich selbst und dem eigenen Nachwuchs.
… Eltern versuchen, in den Unterricht und die Notengebung einzugreifen. Es wird von ihnen erwartet, dass die Lehrkraft jede einzelne Zensur ausführlich begründet. Gerne wird auch eine Notendiskussion angezettelt, die nach der Vorstellung der übergriffigen Eltern auch bei der nächsten Klassenelternkonferenz unbedingt auf die ganz große Bühne gehört.
… bereitwillig der Vorsitz im Elternbeirat übernommen wird, so dass von dieser Position aus Einfluss auf die Schulfamilie und die Gestaltung des Schullebens genommen werden kann – in einem Maße, das weit über das Normalmaß engagierter Eltern hinausgeht. Gerne wird bei dieser Gelegenheit der Schulterschluss mit der Schulleitung versucht und, falls diese das zulässt, wähnt man sich dann als Eltern auf derselben Hierarchieebene wie die Direktorin oder der Direktor der Schule – den „einfachen“ Lehrkräften überlegen.
… Lehrkräfte bei einer längeren Klassenfahrt mehr damit zu haben, einzelne Eltern zu „betreuen“, die auch gerne einmal auf dem Lehrerdiensthandy anrufen, anstatt sich um die Organisation der Reise oder die Beaufsichtigung der Schutzbefohlenen zu kümmern.
Man könnte diese Liste noch nahezu beliebig fortführen, aber es sollte bereits klar geworden sein, was „Helikoptereltern“ ausmacht. Sie wollen stets die Kontrolle über das Leben ihres Kindes haben und bilden sich ein, auch in schulischen Belangen ein gewichtiges Wort mitzureden zu haben. Wenn Lehrkräfte diesem Verhalten einen Riegel vorschieben, werden sie meist selbst zur Zielscheibe der elterlichen Empörung und Wut.
>>> Angemessener Umgang mit übergriffigen „Helikoptereltern“
Betroffene Lehrkräfte haben nach Ansicht von Lehrer|Schüler kaum eine andere Chance als entlarvte „Helikoptereltern“ frühzeitig und offensiv mit den an der Schule geltenden Regeln zu konfrontieren und auch massiv einzufordern, dass diese respektiert werden. Darunter fallen auch die pädagogische Freiheit der Lehrkräfte und die Autonomie aller Lehrpersonen. Sie müssen als Lehrerin oder Lehrer unmissverständlich Grenzen setzen und diese immer wieder verdeutlichen. Tun Sie das jedoch, müssen Sie mit massivem Widerstand rechnen. Es kann Ihnen passieren, dass das Kind gegen Sie aufgebracht und von den Eltern instrumentalisiert wird, dass Sie übergangen und sich bei kleinsten Kleinigkeiten direkt an die Schulleitung gewandt wird, dass versucht wird, Ihnen fachliche oder rechtliche Fehler nachzuweisen oder dass die anderen Mitglieder der Elternschaft gegen Sie mobilisiert werden sollen. All das müssen Sie aushalten können, wenn Sie sich mit Hardcore-Helikoptereltern anlegen.
Das deutliche Aufzeigen von roten Linien, die nicht überschritten werden dürfen, ist aber vielleicht immer noch der bessere Weg als sich dem Dauerdruck nörgelnder Eltern auszusetzen, was Ihnen Kraft, Energie, Nerven und Zeit kostet, auch wenn Sie zu den eher hartgesottenen Pädagoginnen und Pädagogen gehören. Hilfreich ist es dabei auf jeden Fall, wenn Sie sich im Sinne einer kollegialen Fallberatung Rückendeckung bei anderen Lehrerinnen und Lehrern holen, die Ihnen helfen können, Ihre persönliche Lage objektiv einzuschätzen. In solchen Situationen zeichnet sich auch eine kompetente Schulleitung dadurch aus, dass sie hinter Ihnen als Lehrkraft steht, sich Ihres Problems annimmt und aktiv zur Lösungsfindung beiträgt. Im Ernstfall kann Ihr Dienstvorgesetzter bzw. Ihre Dienstvorgesetzte auffälligen Eltern in einem Vieraugengespräch auch einmal gehörig die Leviten lesen, so dass Sie fortan Ruhe haben und sich auf Ihren Unterricht konzentrieren können.
>>> Wie können sich Lehrkräfte gegen „Helikoptereltern“ absichern?
Als Lehrkraft haben Sie auch ganz spezielle Instrumente, die Sie nutzen können, um sich übergriffiger Eltern zu erwehren. Wichtig ist dabei nur, dass Sie sich keine Fehler erlauben, die Sie angreifbar machen würden. Wo sind die Schwachpunkte von Lehrerinnen und Lehrern? Spontan fallen uns von Lehrer|Schüler da die „üblichen Verdächtigen“ ein – pädagogische Entscheidungen, die Notengebung und das Schulrecht. Wenn Sie als Lehrkraft mit übergriffigen Erziehungsberechtigten konfrontiert sind, müssen Sie an diesen neuralgischen Punkten absolut sattelfest sein.
Halten Sie sich bei der Notengebung kompromisslos an die bekannten Gütekriterien von Leistungserhebungen, dokumentieren Sie jegliche Leistungsnachweise und passen Sie auf, dass Sie sich immer im Rahmen des Schulrechts bewegen. Achtung: An manchen Schulen sind gewisse Vorgehensweisen oder Formen der Notengebung schon jahre- oder jahrzehntelang Usus und von der Schulleitung gedeckt, die die schulrechtlichen Vorschriften so eigentlich gar nicht hergeben. Weichen Sie notfalls also von der gängigen Praxis an der Schule ab, wenn Sie sich dadurch sonst auf zu dünnem Eis bewegen würden! Hier ist Ihre Eigenverantwortung als Lehrkraft gefragt.
Pädagogische Entscheidungen sind leider per se durchaus angreifbar. Wer legt schon einheitlich und verbindlich fest, wann ein Fehlverhalten eines Schülers wie konkret sanktioniert werden sollte? Das Schulrecht gibt diesbezüglich bestenfalls einen vagen Rahmen vor, aber die Entscheidung im konkreten Einzelfall obliegt Ihrer pädagogischen Verantwortung als ausgebildete Lehrkraft. Auch über die geeignete Unterrichts- oder Sozialform in einzelnen Unterrichtsphasen, eine sinnvolle Sitzordnung in der Klasse oder Maßnahmen zur Bestrafung oder zur Belohnung von Schülerinnen und Schülern kann man trefflich diskutieren – was Sie als Lehrerin oder Lehrer mit „Helikoptereltern“ aber auf gar keinen Fall tun sollten. Allerdings müssen Sie sich in Kenntnis übergriffiger Eltern in Ihrer Klasse unbedingt ein klares Konzept zurechtlegen, wie Sie in welchem Fall vorgehen und wie Sie grundsätzlich unterrichten wollen. Unsere professionellen und erfahrenen Lehrerberaterinnen und Lehrerberater sind Ihnen in dieser Angelegenheit gerne mit einem individuellen Lehrercoaching behilflich.
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Kontaktieren Sie uns jederzeit gerne!
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