Wohl jede Lehrerin und jeder Lehrer kennt das Szenario, das uns auch oft in der Beratung bei Lehrer|Schüler begegnet: Man gibt im Unterricht eine schriftliche Arbeit heraus und prompt flammt – völlig unabhängig von den tatsächlichen Ergebnissen – eine Diskussion über das Zustandekommen und die Qualität der erteilten Noten auf. Unerfahrene Lehrkräfte kommen angesichts solcher Situationen, die in entsprechend gestimmten Klassen auch rasch eskalieren können, schnell ins Schleudern. Im Folgenden wollen wir beleuchten, wie solche Unklarheiten und in deren Folge Notendiskussionen eigentlich entstehen. Natürlich wird es auch darum gehen, wie sie sich durch kompetentes Lehrerhandeln vermeiden lassen.
Inhaltsverzeichnis
- >>> Notendiskussion als „Sport“ der Schülerinnen und Schüler?
- >>> Bleiben Sie der Chef im Ring: Notendiskussionen im Unterricht eindämmen und Ihre Kompetenz als Lehrerin oder Lehrer betonen
- >>> Notendiskussionen: Datenschutz und Informationspflichten bei der Notenbekanntgabe als Lehrerin oder Lehrer
- >>> Vertrauen zwischen Schülerinnen und Schülerin sowie Lehrkräften durch Transparenz bei der Notenvergabe
- >>> Feedbackfunktion und Ermittlung des Förderbedarfs als wichtige Ziele der Notenvergabe
- >>> Argumente für einheitliche Bewertungsbögen an Ihrer Schule oder in Ihrer Fachschaft
- >>> Passende Beratungsangebote von Lehrer|Schüler
>>> Notendiskussion als „Sport“ der Schülerinnen und Schüler?
Zunächst: Diskussionsfreudige Schülerinnen und Schüler – gegebenenfalls auch deren Eltern – sind nervig, keine Frage. Zumal es meist nicht darum geht, ob die Lehrkraft nicht doch noch eine „4“ geben könnte, sondern eher darum, ob die Arbeit statt mit 13 nicht doch eher mit 14 oder 15 Punkten zu bewerten sei. Anscheinend, so die Klage vieler Kolleginnen und Kollegen in der Beratung bei Lehrer|Schüler zu den Themen Unterrichtsvorbereitung und Korrektur, ist bei tendenziell eher guten Schülerinnen und Schülern die Erwartungshaltung bezüglich sehr guter Noten deutlich ausgeprägter als bei solchen, die eher noch froh sind, die „3“ oder auch die „4“ geschafft zu haben.
Wirklich anstrengend für Pädagoginnen und Pädagogen im Schuldienst werden solche Diskussionen dann, wenn sie so ausarten, dass die Rückgabe einer Arbeit zum zeit- und nervenraubenden Kraftakt wird. Wenn sich dann noch die Eltern einmischen und die Unterrichts- und Bewertungskompetenz der Lehrkraft anzweifeln, potenziert sich das Problem. Wohl der Lehrkraft, die dann eine Schulleitung hat, die ihr den Rücken stärkt und die Eltern in ihrer Haltung nicht noch ermutigt! Ist die Situation erst einmal außer Kontrolle geraten, ist es auch für erfahrene Lehrerinnen und Lehrer nicht immer leicht, sie noch so zu steuern, dass kein Schaden am Lehrer-Schüler-Verhältnis für die Zukunft entsteht.
>>> Bleiben Sie der Chef im Ring: Notendiskussionen im Unterricht eindämmen und Ihre Kompetenz als Lehrerin oder Lehrer betonen
Ein guter Ansatz, um Notendiskussionen zu vermeiden, ist nach Ansicht von Lehrer|Schüler bei den entsprechenden Kandidatinnen und Kandidaten zumindest in der Oberstufe folgende Überlegung: „Letztes Jahr hatten Sie eine 3 (oder eine 4) … Was haben Sie denn nun so viel besser gemacht, dass eine Steigerung von ein bis zwei Notenstufen gerechtfertigt wäre?“ Das dreht ein wenig den „Rechtfertigungszwang“ um. Natürlich haben Sie gerade im Bereich der mündlichen Noten (zum Beispiel auf Unterrichtsbeiträge) oft das Problem, dass Ihre Notengebung nicht nur auf nachvollziehbaren, „harten“ Kriterien beruht, sondern auch schlicht auf Ihrer Erfahrung als professionelle Lehrkraft. Wenn aber eine Schülerin oder ein Schüler ohne Argumente auf einer bestimmten Note besteht, sollten Sie entsprechende Aufzeichnungen zu Rate ziehen können.
Insgesamt gilt: Diskutieren Sie nicht mit den Jugendlichen! Sie haben Ihre Notengebung transparent gemacht. Sie sind Expertin oder Experte in Ihren Fächern und wissen am besten, was eine gute und was eine schlechte Leistung ist. Mit den Eltern diskutieren Sie erst recht nicht. Die Jugendlichen wollen beispielsweise einen gymnasialen Abschluss machen und danach möglicherweise studieren gehen, also werden sie wohl lernen müssen, sich um sich selbst zu kümmern. Das Gleiche gilt für andere Schularten analog. Auch und gerade in der Grundschule wird nicht diskutiert, sondern informiert und begründet! Als ausgebildete Lehrkraft sind Sie die einzige Autorität in dieser Frage, die die nötige Sachkompetenz aufweist, um qualitativ hochwertige Diskussionsbeiträge abgeben zu können. Alle anderen Diskussionsteilnehmerinnen und Diskussionsteilnehmer sind Ihnen notwendigerweise deutlich unterlegen, so dass eine Fachdiskussion auf Augenhöhe gar nicht möglich wäre – also sollten Sie es auch gleich lassen!
>>> Notendiskussionen: Datenschutz und Informationspflichten bei der Notenbekanntgabe als Lehrerin oder Lehrer
Doch vorab einige Tipps von Lehrer|Schüler, um die Herausgabe von Arbeiten und die Notenbekanntgabe für Sie als Lehrerin oder Lehrer zu erleichtern. Diese ist schließlich auch datenschutzrechtlich problematisch. Die jeweiligen Noten vor der ganzen Klasse zu verkünden, wie es früher üblich war, verbietet sich heutzutage. (Und, Hand aufs Herz: Lehrkräfte, die die Arbeiten nach Noten sortiert herausgeben, kennen Sie doch hoffentlich auch nur noch vom Hörensagen?!) Seien wir ehrlich: Das ist auch gut so. Über manche Auswüchse des Datenschutzes lässt sich trefflich streiten, aber dass es Sache der einzelnen Schülerin bzw. des einzelnen Schülers sein sollte, ob und, wenn ja, wem sie oder er ihre oder seine Noten offenbart, ist weniger eine Frage des Datenschutzes als eine des Anstands.
Eine gute (und bei sauberer Buchführung völlig unaufwändige) Art der Notenbekanntgabe ist es, auf jeder Klassenarbeit den momentanen Notenstand zu vermerken. Gerade in der Oberstufe möchten viele Schülerinnen und Schüler jederzeit informiert sein, wie sie im jeweiligen Fach „stehen“. Diese Information regelmäßig zur Verfügung zu stellen, vermeidet ständige Nachfragen und schafft Transparenz. Bei der Herausgabe können Sie dann die Arbeiten einzeln am Pult abholen lassen oder sie bei der Verteilung umgedreht auf dem Tisch der Schülerin oder des Schülers ablegen und bringen so niemanden in Verlegenheit, weil er eine zu schlechte (Unter- und Oberstufe) oder zu gute und damit „uncoole“ Note (Mittelstufe alias Pubertät) bekommen hat.
>>> Vertrauen zwischen Schülerinnen und Schülerin sowie Lehrkräften durch Transparenz bei der Notenvergabe
An dieser Stelle zunächst ein kleiner Exkurs: Man sollte sich natürlich gerade am Beginn der Oberstufe – also auch schon in der zehnten Jahrgangsstufe – dessen bewusst sein, dass sich nun für die Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf die an sie gestellten Anforderungen noch einmal einiges ändert. War bislang mehr oder weniger reines Auswendiglernen gefragt, ist damit nun kein Preis mehr zu gewinnen. Jetzt müssen die Schülerinnen und Schüler viel mehr Transfer leisten, also erklären und Zusammenhänge verstehen, um Punkte zu bekommen. Auch in den Sprachenfächern geht es jetzt viel mehr in Richtung Arbeit mit (Original-)Texten. Das muss man den Schülerinnen und Schülern nach der Erfahrung von Lehrer|Schüler immer wieder erläutern. Was ist aber nun konkret zu tun, um auch die Notenfindung so klar und transparent zu machen, dass sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Eltern nicht ständig meinen, sie könnten noch etwas „herausholen“?
Auch hier lautet ein wichtiger – wenn nicht der wichtigste – Punkt schlicht: Transparenz. Gerade in den geisteswissenschaftlichen Fächern (aber auch in den Naturwissenschaften, man täusche sich da nicht!) ist es äußerst wichtig, die Kriterien der Notengebung von Anfang an komplett offenzulegen. Gibt es an Ihrer Schule Bewertungsraster, zum Beispiel für bestimmte Aufsatzarten im Fach Deutsch oder in den Fremdsprachen? Gerade dort lassen sich leicht transparente Anforderungen schaffen, auch wenn man auf den ersten Blick etwas Anderes denken mag. Häufig sind Bewertungsraster auch offiziell vorgegeben. Solche kennt man zum Beispiel für den Bereich des „argumentative writing“ im Fach Englisch, wo oft eine ungefähre Wortanzahl gefordert ist, deren Erfüllung ebenfalls in die Bewertung einfließt, und es dann eine feste Zahl an Bewertungseinheiten für bestimmte Bereiche gibt (also beispielsweise Inhalt und Sprache). Hier bietet es sich zunächst an, sich so ein Raster zu erarbeiten (falls es nicht schon vorhanden ist) und die Aufgaben dann so zu stellen, dass sie nach diesem Raster korrigiert werden können.
>>> Feedbackfunktion und Ermittlung des Förderbedarfs als wichtige Ziele der Notenvergabe
Die einzelnen Kriterien müssen nach dem Dafürhalten von Lehrer|Schüler natürlich nachvollziehbar sein – es ist definitiv sinnvoll, diese den Schülerinnen und Schülern (zumindest in höheren Klassen) auch am Jahresanfang einmal zu erläutern. Ideal wäre es, gälten diese Bewertungsraster dann auch für die ganze Schule. Die in vielen Lehrplänen geforderte Kompetenzorientierung sollte sich hier dann ebenfalls widerspiegeln. Der eigenen Korrektur und Bewertung ein solches Kompetenzraster zugrunde zu legen, dient übrigens nicht nur der Transparenz, sondern ist auch ungemein nützlich, um die Korrektur so gerecht und einheitlich wie möglich zu gestalten.
Gleichzeitig bietet es sich an, die Rückgabe der Arbeit mit einem schriftlichen Feedback zu verknüpfen. Auf einem solchen Rückmeldungsbogen kann man dann auch gleich den individuellen Förderbedarf einzelner Schülerinnen und Schüler festhalten. So kann jede Schülerin und jeder Schüler sofort die Konsequenzen aus ihren bzw. seinen Fehlern ziehen – der Lerneffekt ist dann wesentlich größer als wenn sie oder er nur die Randbemerkungen sieht (oder bei Deutschaufsätzen den Kommentar). Gerade hier ist der Feedbackbogen sogar eine große Erleichterung für Sie als Lehrkraft, denn bei entsprechender Gestaltung können Sie dann den frei formulierten Schlusskommentar unter dem Aufsatz (der in vielen Bundesländern vorgeschrieben ist) erheblich verkürzen.
>>> Argumente für einheitliche Bewertungsbögen an Ihrer Schule oder in Ihrer Fachschaft
In Ihrer Fachschaft gibt es kein solches System? Regen Sie an, dass es schnellstens eingeführt wird! Unter Umständen müssen Sie hier natürlich Überzeugungsarbeit leisten; gerade im Fach Deutsch könnten Sie zunächst auf Vorbehalte stoßen. Das macht natürlich zunächst viel Arbeit. Spätestens, wenn Sie die nächste Klassenarbeit korrigieren, werden Sie aber davon profitieren und mittelfristig ein Vielfaches an Zeit sparen. Die wichtigsten Argumente für dieses System sind, dass …
… Sie eine quasi unangreifbare Notengrundlage haben,
… es kaum noch Nachfragen bezüglich der Bewertung gibt (und wenn doch, sind sie eher konstruktiver Natur),
… jede Schülerin und jeder Schüler automatisch einen Förderplan bekommt (auf den Sie lässig verweisen können, wenn die Leistungen nicht besser werden) und
… die Bewertung der Arbeiten viel schneller geht, weil die Kriterien schriftlich fixiert sind und nur noch im Kopf „abgehakt“ werden müssen.
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>>> Passende Beratungsangebote von Lehrer|Schüler
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- L3 | Kollegiale Fallberatung für Lehrkräfte
- L5 | Praxiscoaching für Lehrkräfte I: Unterrichtsvorbereitung und Korrektur
- L6 | Praxiscoaching für Lehrkräfte II: Lehrergesundheit und Work-Life-Balance
- L7 | Praxiscoaching für Lehrkräfte III: Disziplin im Unterricht
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- R1 | Hilfe und Begleitung im Referendariat für ein Lehramt
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