Mit Lehrern über private Probleme reden – Chancen und Grenzen des Lehrerberufs

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Als Lehrkraft zu arbeiten, heißt – mehr als in anderen Berufen – gleich eine beträchtliche Anzahl an verschiedenen Aufgaben auf ein Mal zu erfüllen. Man ist gleichzeitig Lehrer und Sozialpädagoge, Elternersatz und Erzieher, Vertrauensperson und bester Freund – je nachdem, was die Jugendlichen gerade am meisten benötigen, versucht man als engagierte Lehrerin oder guter Lehrer dem Lehrerjob mit seinen enormen Anforderungen und damit seinen Schülerinnen und Schülern möglichst gut gerecht zu werden.

Doch wo liegen die Grenzen des Wohltätertums? Wie kann man bewundernswerten Einsatz und übertriebene Distanzlosigkeit gegeneinander abgrenzen, wenn man in der Schule arbeitet? Woran erkennt man das „Helfersyndrom„, das sich bei vielen Lehrerinnen und Lehrern diagnostizieren lässt? In welchem Maße sind Lehrkräfte auch für das persönliche Wohlergehen der Schülerinnen und Schüler verantwortlich? In welchen Fragen darf und sollte man seine „Paukerinnen“ und „Pauker“ als besondere Vertrauensperson zurate ziehen und wann erscheint ein gewisser emotionaler Abstand zwischen Lehrkräften und Schülerinnen bzw. Schülern angemessen? Lehrer|Schüler klärt auf über einen diffizilen Fragenkomplex, den man nicht ganz pauschal beantworten kann und bei dem es aber eigentlich auf eine klare Antwort ankommt.

>>> Kompetenzen eines Lehrers / einer Lehrerin – was Lehrkräfte alles können müssen

Lehrer|Schüler - Beratung für Lehramtsreferendare | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Lehramtsreferendare | lehrerschueler.de

Zunächst einmal ist „das Lehrersein“ ein akademischer Beruf – man muss (gut ein halbes Jahrzehnt) studieren und im anschließenden meist zweijährigen „Referendariat“ für ein Lehramt das pädagogische und didaktische Handwerkszeug von der Pike auf und ganz praktisch lernen. Klar hat man bis dato schon einige Praktika für angehende Lehrerinnen und Lehrer hinter sich, doch der Praxisschock im Lehramt ist für viele Jungpädagoginnen und Jungpädagogen unvermeidlich. Das erste Mal vor einer Klasse zu stehen ist für viele Lehrkräfte in spe eine erhebende, aber oft auch einschüchternde Erfahrung. Die einen bemerken in diesem Moment, dass sie ihre berufliche Bestimmung im Lehrerjob gefunden haben, die anderen zweifeln an der Berufswahl als Lehrerin oder Lehrer und spielen mit dem Gedanken an einen Ausstieg aus dem Lehrerberuf und eine berufliche Neuorientierung als Lehrerin oder Lehrer, bevor sie überhaupt richtig in den Alltag einer professionellen Lehrkraft eingetaucht sind.

Lehrer|Schüler führt seit Jahren Beratungsgespräche mit Studierenden eines Lehramts, Lehramtsreferendarinnen und Lehramtsreferendaren sowie ausgebildeten Lehrkräften aller Altersklassen bis hin zu Schulleitungen und auch mit Aussteigern aus dem sowie Quer- und Seiteneinsteigern in den Lehrerberuf. Dabei ist uns aufgefallen, dass es vor allem auf folgende fünf Kernkompetenzen ankommt, wenn man als Lehrerin oder Lehrer erfolgreich sein und während des Alltags als Lehrkraft gesund bleiben will:

  • Stressresistenz: Es ist unabdingbar, dass Lehrerinnen und Lehrer auch im hektischen Alltag freundlich, den Schülerinnen und Schülern (sowie den Kolleginnen und Kollegen!) zugewandt sowie in hitzigen Situationen entscheidungsfähig bleiben – denn Hektik gibt es in der Schule nahezu täglich mehr als genug.

  • Entscheidungsfreude: Als Lehrkraft muss man nicht nur schnell entscheiden können, man sollte es auch gerne tun und dabei stets in der Lage sein, die Konsequenzen der eigenen erzieherischen und pädagogischen Entscheidungen zu überblicken und so gut wie möglich vorhersehen zu können.

  • Geradlinigkeit: Um in der Lehrerrolle authentisch wirken zu können, sollten Lehrerinnen und Lehrer geradlinig sein. Darunter subsummieren kann man Charaktereigenschaften wie Loyalität, Vertrauenswürdigkeit, Offenheit und Ehrlichkeit. Sie müssen als Pädagogin oder Pädagogin konsequent Ihre Erzieher- und Wissensvermittlerrolle einnehmen, ohne dabei aber eine Rolle zu spielen – eine diffizile Gratwanderung.

  • Konsequenz: Lehrerinnen und Lehrer dürfen keine „Fähnlein im Wind“ sein, denn wenn sie keine klare Meinung haben, machen sie sich zum Spielball von Intrigen und Beeinflussung. Die Ziele von Schülerinnen und Schülern sowie Eltern, Kolleginnen und Kollegen und der Schulleitung sind ähnlich, aber bei weitem nicht deckungsgleich. Die Reputation einer Lehrkraft ist ihr Kapital – Disziplin im Unterricht erreichen Sie nicht nur durch überzeugende Maßnahmen im Einzelfall, sondern durch ein stimmiges Gesamtbild als verlässliche Leitfigur mit klaren und unverhandelbaren Regeln.

  • Motivationsfähigkeit: Ein häufig unterschätzter Aspekt des Lehrerberufs ist es, wie sehr es doch darauf ankommt, wie anspornend und begeisternd man als Lehrerin oder Lehrer die Faszination für die eigenen Fächer vermittelt. Wenn Sie sich anmerken lassen, dass Sie Ihr Zweitfach nur aus Verlegenheit oder einem Mangel an Alternativen studiert haben, merken das unter Garantie auch die Schülerinnen und Schüler. Wenn Sie Begeisterung erwarten, müssen Sie auch Begeisterung entfachen!

>>> Lehrer-Schüler-Verhältnis: Wie intim darf das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und Schülern sein?

Es gibt aus Sicht von Lehrer|Schüler einen potenziellen Teufelskreis, dessen man sich als Lehrerin oder Lehrer jederzeit bewusst sein sollte: Viele Pädagoginnen und Pädagogen haben ihren Beruf ergriffen, weil sie „anderen Menschen helfen“ und „Wissen vermitteln“ wollen – das ist zunächst einmal honorabel, aber auch gefährlich. Denn wenn der Wunsch, sozial zu sein eigentlich ein verkappter Wunsch nach Anerkennung ist und die Hilfe für Andere in Wahrheit nur dem Aufblasen des Lehreregos dient, wird es gefährlich. Wenn man sich als Lehrkraft unprofessionell verhält und nach der Anerkennung von Kindern und Jugendlichen giert, macht man sich von der zwischenmenschlichen Qualität des Lehrer-Schüler-Verhältnisses abhängig. Da jede Beziehung zwischen Schülerinnen und Schülern bzw. Lehrerinnen und Lehrern immer auch die eine eines asymmetrischen Machtverhältnisses ist, kann es nicht funktionieren, wenn sich die Person mit mehr Macht am Zuspruch der weniger mächtigen Person labt.

Lehrer|Schüler - Beratung für Lehrerinnen und Lehrer | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Lehrerinnen und Lehrer | lehrerschueler.de

Woher weiß ich als Lehrerin oder Lehrer also nun, welche Aufgabe noch in meinen Zuständigkeitsbereich fällt? Nun, zunächst einmal sind das alle inhaltlichen Fragen zum Unterrichtsstoff und Ihren Fächern. Darüber hinaus bilden Sie aber auch zusammen mit den Eltern eine Erziehungsgemeinschaft – genau, mit den Eltern! Das bedeutet, dass Sie dem Wunsch nach einem „Gespräch unter vier Augen“ zwischen Ihnen und einer Schülerin oder einem Schüler nur nachkommen sollten, wenn Sie der oder dem Jugendlichen auch das Zugeständnis abringen können, dass Sie früher oder später zumindest die Tatsache, dass Sie ein Gespräch geführt haben, auch den Eltern gegenüber erwähnen dürfen. Oder Sie holen sich eine Kollegin oder einen Kollegen Ihres Vertrauens hinzu oder laden Ihre Gesprächspartnerin / Ihren Gesprächspartnerin dazu ein, die beste Freundin oder den dicksten Kumpel aus der Klasse mit dazuzuholen. So haben Sie auch für sich ein Korrektiv geschaffen, wenn Sie befürchten, die Grenze zwischen „gut gemeint“ und „übertrieben“ nicht rechtzeitig erkennen zu können und kommen gar nicht in die Verlegenheit, im Nachhinein ein beschädigtes Lehrer-Schüler-Verhältnis wieder kitten zu müssen.

Sie können sicherlich allgemeine Lebenstipps und Handlungsempfehlungen geben, sollten aber stets erwähnen, dass die Schülerin bzw. der Schüler selbst entscheiden muss, wie sie oder er in einer konkreten schwierigen Lebenssituation handeln möchte – dieses Commitment zu einem Entschluss und seinen Konsequenzen können Sie ihm oder ihr nicht abnehmen. Sie können auch an einschlägig qualifizierte Beratungsstellen verweisen – die schulinterne Sozialpädagogin, die Berufsberatung, überkonfessionelle Hilfsorganisationen, das Jugendamt, den Frauenarzt, eine Psychologin, Familienberatungsstellen, …. Sie sind als Lehrerin oder Lehrer nicht allwissend und sollten das Ende Ihrer Kompetenz und damit Zuständigkeit frühzeitig erkennen und anerkennen – damit helfen Sie Ihrem Gegenüber am meisten.

>>> Die besondere Vertrauensebene zwischen Lehrkräften und Schülerinnen bzw. Schülern sinnvoll nutzen

Doch Lehrer|Schüler warnt: Auf keinen Fall sollten Sie jedoch als Lehrerin oder Lehrer wie ein emotionsloser Roboter agieren, nur damit Sie nicht in die Gefahr geraten, zu privat mit Ihren Schülerinnen oder Schülern zu werden. Achten Sie auf verbale und nonverbale Signale, die die Kinder und Jugendlichen aussenden! Manchmal brauchen diese auch nur jemanden, der ihnen fünf Minuten zuhört oder der Verständnis zeigt – zu Hause haben sie diese Möglichkeit eventuell nicht. Dann ist es durchaus in Ordnung, wenn Sie eine Ansprechstelle zur rechten Zeit sind, denn auch dadurch vermitteln Sie Ihrer Schülerschaft wertvolle Lebenskompetenzen. Allein die Tatsache, dass Sie bereit sind, Ihre eigene Zeit zu opfern, honorieren viele Schülerinnen und Schüler mit Respekt und einem Leistungsschub auf Grund gestiegener Eigenmotivation.

Lehrer|Schüler - Beratung für Eltern von Schülern | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Eltern von Schülern | lehrerschueler.de

Ziel jedes Gesprächs zwischen Schülerinnen und Schülern und ihren Lehrerinnen oder Lehrern sollte es immer sein, Probleme, die die schulische Leistung verfälschen, zu identifizieren und nachhaltig zu lösen. Ein zielloser Smalltalk oder gar Geschäkere sind daher nicht angemessen, auch vor einem nahezu therapeutischen Verhältnis ist zu warnen. Eine Art Lebensberatung mitsamt dem Aufzeigen von Lösungsansätzen ist die Art von Lehrer-Schüler-Verhältnis, die Sie anstreben sollten.

>>> Passende Beratungsangebote von Lehrer|Schüler


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