Lehrprobe „mal anders“ – Praktische Prüfungsleistungen im Lehramt unter Corona-Bedingungen

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Die gute alte „Lehrprobe“ (wie man fast nur in Bayern sagt) ist wie ihre zahlreichen „Geschwister“ „unterrichtspraktische Prüfung“, „Prüfungsstunde“, „Unterrichtsbesuch“ und wie sie alle heißen ein Schreckgespenst für die meisten Referendarinnen und Referendare eines Lehramts – erst recht in Zeiten der COVID-19-Viruspandemie. Diesen Eindruck haben wir von Lehrer|Schüler in zahlreichen Beratungsgesprächen mit künftigen Lehrerinnen und Lehrern gewinnen können. Zu viele Unwägbarkeiten sind es, die schon grundsätzlich die dazugehörige Note beeinflussen – von der Zusammensetzung und der Tagesform der Klasse über den Aufbau und die Laune der Prüfungskommission bis hin zu oft banalen äußeren Faktoren wie der Temperatur, der Lage der Stunde innerhalb der Schulwoche (ja, es finden auch am Freitag in der 8. Stunde Lehrproben statt, wenn es sich nicht anders einrichten lässt!) und so weiter. Da die unterrichtspraktische Prüfung auch ein recht großes Gewicht bei der Berechnung der Note des Zweiten Staatsexamens für ein Lehramt hat, kommen schlechte Leistungen dabei natürlich sehr stark zum Tragen.

Hinzu kommen die oft unklaren oder gar widersprüchlichen Vorstellungen derjenigen, die diese Prüfungen abnehmen und bewerten. Davon kann fast jede Lehramtsreferendarin bzw. jeder Referendar für ein Lehramt ein Lied singen. Einig scheinen sich die Prüferinnen und Prüfer immer nur darin zu sein, dass im Zweifelsfall die Lehramtsreferendarin bzw. der Lehramtsreferendar selbst die Verantwortung für das Ge- oder Misslingen der Stunde trägt. Wenn es sein muss, ist sie oder er auch schuld am Wetter oder daran, dass die Klasse in der Vorstunde eine Arbeit geschrieben hat (was nicht passieren sollte, aber halt in der Praxis doch einmal vorkommt). Am Ende ist es im Prinzip so wie in der bekannten Karikatur, die wohl jede Referendarin und jeder Referendar eines Lehramts kennt. Dann heißt es schlicht: „Warum haben Sie keinen runden Tisch genommen?“

>>> Grundlegende Angst vor der Lehrprobe / Prüfungsstunde „garniert“ von Unsicherheit durch Corona während der Lehrerausbildung

Lehrer|Schüler - Beratung für Lehramtsreferendare | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Lehramtsreferendare | lehrerschueler.de

Dementsprechend ausgeprägt sind die Ängste, mit denen diese für angehende Lehrkräfte sehr wichtige Prüfungsleistung besetzt ist – fragen Sie sich doch einmal, warum es den meisten Lehrerinnen und Lehrern gar nicht recht ist, wenn jemand den Unterricht beobachtet! Praktikantinnen und Praktikanten an Schulen beklagen sich oft darüber, dass es schwierig sei, tatsächlich Unterricht mitzuerleben, weil die meisten Kolleginnen und Kollegen zunächst eher abwehrend reagieren, wenn man sie fragt, ob man an ihrem Unterricht als Beobachterin oder Beobachter hospitieren dürfe – beliebte Ausrede: „Ich mache heute nur Übungsaufgaben, da nehmen Sie nichts mit.“ Mit Sicherheit sind es die Erlebnisse aus dem Referendariat für ein Lehramt, die hier lange – unter Umständen für ein ganzes Berufsleben – bei vielen Lehrkräften nachwirken.

Wir haben zu Beginn von der „guten, alten“ Lehrprobe gesprochen – hauptsächlich deswegen, weil sie sich über Jahrzehnte hinweg kaum gewandelt hat. Seit Lehrkräfte systematisch ausgebildet werden, müssen angehende Lehrerinnen und Lehrer ihre Fähigkeiten natürlich auch in der Praxis unter Beweis stellen. Und wie sollte man den Lernfortschritt künftiger Pädagoginnen und Pädagogen im Schuldienst auch anders überprüfen als am „lebenden Objekt“?! Aktuell steht die Lehrprobe vor der Herausforderung, dass normaler Unterricht derzeit kaum möglich ist. Und man mag es kaum glauben, aber die für die Lehrerausbildung zuständigen Behörden haben tatsächlich schnell reagiert und alternative Prüfungsformen für Referendarinnen und Referendare eines Lehramts ersonnen, von denen wir eine kurz vorstellen möchten, die wir in unserer Beratung angehender Lehrerinnen und Lehrer bei Lehrer|Schüler selbst kennengelernt haben.

>>> Neuartige Konzepte für die Lehrprobe im Rahmen des Lehramtsreferendariats in Corona-Zeiten

Da wäre zum einen die Lehrprobe als „Trockenübung“. Konkret heißt das, dass die Referendarin oder der Referendar eines Lehramts wie gewohnt sein oder ihr Konzept für die bewertete Probestunde ausarbeitet, dabei auch die geforderten didaktischen Analysen berücksichtigt und die Stunde in eine längere Sequenz einbettet. Anschließend wird der geplante Unterricht aber nicht gehalten (wie auch, es findet ja kein Präsenzunterricht statt), sondern lediglich den Prüferinnen und Prüfern vorgestellt und anschließend in einer Art Prüfungsgespräch verteidigt.

Lehrer|Schüler - Beratung für Schulleitungen | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Schulleitungen | lehrerschueler.de

Dies kann für die Lehramtsreferendarin oder den Lehramtsreferendar natürlich ebenso eine große Erleichterung wie eine große Erschwernis sein: Dem nervösen oder introvertierten Lehrertyp, der es mühelos fertigbringt, seine guten Unterrichtsideen schriftlich niederzulegen und zu begründen, der dann aber vor der Klasse nicht adäquat „performt“, kommt dieses Konzept natürlich entgegen. Es vermeidet auch zuverlässig diese jeder Lehrerin und jedem Lehrer bekannte Situation: Nach einer Frage an die versammelte Schülerschaft passiert lange nichts, dann hebt sich endlich zögerlich eine Hand und auf die freudige Aufforderung der Lehrkraft kommt unweigerlich nur die Frage: „Darf ich mal auf die Toilette?“. Immerhin können Sie dann im Fach Deutsch den Begriff „Fallhöhe“ gleich praktisch erläutern! Die große Gefahr, dass man eine Klasse mit einer Aufgabenstellung überfordert, umschifft man also lässig, wenn man das Konzept nicht in einer Live-Stunde umsetzen muss. Im Gespräch könnte eine Prüferin bzw. ein Prüfer durchaus anmerken, dass die Frage recht schwer sei – aber dann kann man (Pokerface nicht vergessen!) ruhig antworten, dass man das als professionell analysierende Lehrkraft der Klasse schon zutraue.

Umgekehrt gibt es natürlich den extrovertierten Lehrertyp, der Schwierigkeiten hat, ein überzeugendes schriftliches Konzept für die Prüfungsstunde auszuarbeiten. Dafür schafft die Lehrkraft es aber locker, eine Klasse mitzureißen und ansprechenden Unterricht mit ihr zu gestalten. Sie oder er zieht natürlich zunächst keinen Vorteil aus dem Konzept der „theoretischen Lehrprobe“ im Referendariat für ein Lehramt. Immerhin hat die künftige Lehrerin oder der baldige Lehrer aber noch die Möglichkeit, sich für die Planungen der für das Gesamtergebnis der im Lehramt wichtigen Prüfungsstunde professionelle Unterstützung zu holen, zum Beispiel im Rahmen einer Beratung zu Lehrproben und Unterrichtsbesuchen bei Lehrer|Schüler! Allein vor der Klasse ist man wie auf hoher See – ein fachkundiger Steuermann oder eine kompetente Steuerfrau ist da eine wertvolle Unterstützung.

>>> Keine klassische Lehrprobe im Referendariat für ein Lehramt auch bei Präsenzunterricht

Doch auch, wenn tatsächlich Unterricht mit echten Schülerinnen und Schülern stattfindet, müssen die Umstände der Lehrprobe praktisch immer der momentanen pandemischen Situation angepasst werden. Das heißt konkret, dass wahrscheinlich nur ein Teil der Prüfungsklasse anwesend sein kann – und selbst wenn eine kleine Klasse und ein großer Unterrichtsraum es möglich machen, dass die Lerngruppe komplett ist, fallen aufgrund der Abstandsregeln praktisch alle Sozialformen weg, in denen die Schülerinnen und Schüler sich mischen oder anders gruppieren müssten. Umso mehr ist daher die didaktische Kompetenz der angehenden Lehrkraft gefragt.

Gruppenarbeit in jeder Form, „Fishbowl“ oder Lerntandems – um nur ein paar Beispiele zu nennen – sind also nicht möglich. Das heißt nun nicht, dass die Prüfungsstunde auf reinen Frontalunterricht beschränkt sein muss, aber die Möglichkeiten sind eben grundsätzlich stark eingeschränkt. Denkbar ist es zum Beispiel, dass Schülerinnen und Schüler einzelne Ergebnisse selbstständig erarbeiten und diese auf Metaplan-Karten notieren, welche dann von der Lehrkraft eingesammelt und an der Tafel angeordnet werden oder dergleichen. Hier sollte sich die Referendarin oder der Referendar eines Lehramts auch frühzeitig über die im jeweiligen Klassenraum vorhandenen digitalen Unterrichtsmöglichkeiten informieren und sich damit auch gründlich auseinandersetzen. Oft gibt es die Option, dass die Schülerinnen und Schüler über ihre Tablets kommunizieren können – dann ist mit der entsprechenden Software auch wieder Gruppenarbeit möglich, ohne dass jemand seinen Platz verlassen muss!

Lehrer|Schüler - Beratung für Lehrerinnen und Lehrer | lehrerschueler.de
Lehrer|Schüler – Beratung für Lehrerinnen und Lehrer | lehrerschueler.de

Das ist auch dann eine Option, wenn ein Teil der Klasse zeitgleich im Distanzunterricht versorgt werden muss, womit wir auch eine dritte uns bekannte „neuartige“ Form einer Lehrprobe noch erwähnt hätten. Hier gilt der grundsätzliche Rat: Beschäftigen Sie sich so gründlich mit den Möglichkeiten digitalen Unterrichtens – speziell mit den Gegebenheiten an Ihrer Schule –, dass Sie diese souverän nutzen können und nicht erst kurz vor der Lehrprobe damit anfangen müssen! Gern beraten wir Sie bei Lehrer|Schüler zu diesem für alle Lehrkräfte spannenden Thema!

>>> Passende Beratungsangebote von Lehrer|Schüler


Kontaktieren Sie uns jederzeit gerne!


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